Ich kenne dich fast mein ganzes Leben. Wir cremten und schminkten unsere Puppen, spielten Ball im Hof und fingen Schmetterlinge auf der Wiese. Wenn ich zurückblicke, warst du immer da, auch wenn du fort warst.
Wir kamen in die Grundschule in zwei verschiedene Klassen. Unsere Wege trennten sich. Ich fand falsche Freunde und du... Ja, was hast du gemacht? 4 Jahre später fand ich richtige Freunde. Ich begann ein neues Leben, ohne Vorurteile, ohne die Fehler und ohne die Laster der Vergangenheit. Und auch du hast ein neues Leben begonnen. Du wurdest älter, geduldiger, reifer und hübscher. Ich sah dich glücklicher. Du wirktest zufrieden mit deinem Neuanfang.
Und plötzlich sahen wir uns wieder. Wir sahen uns jeden Dienstag. Da war der Unterricht Nebensache. Das vertraute Gefühl war wieder da. Ich fühlte mich geborgen und gemocht.
Du saßt auf der Schaukel. Deine Hände waren verletzt. Ich kniete vor dir mit Tränen in den Augen. Ja, auch ich habe Gefühle. Und du bist eine der wenigen, die diese zu sehen bekommt.
Ich hasste jeden Streit zwischen uns, der durch meine Sturheit und deine Beharrlichkeit zu Stande kam. Es machte mich fertig, aber der Streit hielt nie lange an. Du sagtest mir immer, was du dachtest und ich sagte dir auch immer die Wahrheit. Ich habe nie ein schlechtes Wort über dich verloren.
"Andere könnten sich eine ganze Stadt daraus bauen, aber du nicht. Du nicht."
Ich lese die Texte. Ich lese sie immer und immer wieder. Sind manche Wörter Absicht, steckt etwas dahinter oder sind sie nur zufällig entstanden? Ich mache mir Sorgen, entsetzlich große Sorgen. Ich habe Angst, Angst dich zu verlieren und Angst, zu schnell zu handeln.
"Du nimmst es zu ernst", sagten sie und lachten.
Es ist an der Zeit, dir etwas zu sagen: ich würde dir folgen. Früher oder später würde ich dir folgen.
Wenn ich zurückblicke, warst du immer da, auch wenn du fort warst.
Ich bin da.